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Was kostet eine Flasche Wein?

Was kostet eine Flasche Wein?

Geschrieben von Miriam Schröer am .

Hast du dir auch schon mal die Frage gestellt, warum die Preise für eine Flasche Wein so unterschiedlich sind? Es ist doch dasselbe drin?

Jein. Die Menge des Inhalts (Quantität) ist bei einer teuren und einer günstigen Flasche dieselbe.
Bei der Qualität gibt es aber erhebliche Unterschiede. Und das wirkt sich unmittelbar auf den Kaufpreis einer Flasche Wein aus. Was also kostet eine Flasche Wein?

Welcher Aufwand steckt in einer Flasche Wein?

Das Buzzword hier lautet: Gestehungskosten. Diese Herstellungskosten beinhalten alle Aufwände, die dem Winzer entstehen, um seinen Wein zu erzeugen. Sämtliche Kosten werden anteilig in eine Flasche Wein eingepreist. Darunter fallen zum Beispiel Aufwände für

  • Weinbauflächen (Kaufpreis, Kreditkosten oder Pachtzins, Instandhaltungskosten, Aufwände für Neuauspflanzungen, Pflanzenschutz, Bearbeitungskosten (Löhne, Arbeitszeit), Maschinen und Hilfsmittel
  • Keller (Kaufpreis, Baukosten oder Kredit, Instandhaltungskosten, Kellereimaschinen und -ausstattung, Hilfsmittel (Hefen, Schönungsmittel, etc.), Arbeitskosten (Löhne))
  • Verpackung (Flaschen, Verschlüsse, Etiketten, Kartons,..)
  • Marketing – und Vertrieb (Internetauftritt, Drucksachen (Prospekte, Preislisten, Visitenkarten), Logistik (Zustellungskosten, Paketgebühren), Verhandlungen mit Handelspartnern, Messen, Präsentationen, etc.

Nun könnte man auf den ersten Blick vermuten, dass ja jedes Weingut die oben genannten Kosten hat und dass diese doch annähernd gleich sein müssten. Weit gefehlt!
Die Kosten der einzelnen Winzer können sich tatsächlich stark unterscheiden. Greifen wir nur mal die größten Brocken heraus. Gestehungskosten variieren in Abhängigkeit

  • vom Standort des Weinguts und
  • von der Qualität des erzeugten Weins.
Mit spitzem Bleistift: in den Preis für eine Flasche Wein fließt alles ein, was der Winzer für die Herstellung aufwenden muss.

Kosten in Abhängigkeit vom „Wo“: Standort

Was hat der Standort eines Weinguts mit den Gestehungskosten zu tun? Ganz einfach:
Mit den Preisen für Weinbergsflächen ist es in etwa so wie mit den Preisen für Häuser in bevorzugten Wohngegenden – je exklusiver, desto teurer. Die „Wohngegend“ entspricht beim Wein der Lage der Anbaufläche, die zum Beispiel für kontinuierlich hohe Weinqualität bekannt ist. Dabei können sich die Kosten für einen Hektar Weinbaufläche schnell mal zwischen ein paar Tausend und ein paar Millionen Euro pro Hektar unterscheiden.

Der Großteil der weltweiten Weinbauflächen sind namenlose Flächen ohne besonders herausragende Eigenschaften. Die erzeugten Weine sind in der Regel massengeschmackstauglich und für den schnellen Konsum gedacht.
Je spezieller Böden und Klima einer Weinlage sind, desto spezieller und hochwertiger sind auch die dort erzeugten Weine. Ergo: willst du eine solche Fläche kaufen, muss du tiefer in die Tasche greifen.
Beispielsweise ist eine namenlose Fläche in der rheinhessischen Ebene ist wesentlich günstiger zu haben als eine Parzelle in Barolo. Nahezu unglaublich teuer wird es im Burgund, wo Weinbergpreise (für weltbekannte Grand Cru-Lagen) in Sphären von mehreren Millionen Euro pro Hektar liegen.

Ergo: der Preis für einen Weingarten richtet sich nach der Qualität und dem Renommee der dort erzeugten Weine. Angesichts dieser Preisunterschiede fallen auch die Anschaffungskosten, Kreditkosten oder ein Pachtzins für einen Weingarten unterschiedlich hoch aus.

Nicht nur die Anschaffungskosten für eine Weinbaufläche, sondern auch die Lohnkosten für deren Bewirtschaftung können je nach Standort höchst unterschiedlich ausfallen.
Die Arbeitszeit pro Hektar kann nämlich erheblich variieren: eine Fläche in der Ebene ist schneller und einfacher zu bewirtschaften als ein Steilhang – für letzteren muss der Winzer also mehr Lohnkosten aufwenden.

Mit dem Keller verhält es sich ähnlich wie mit der Weinbaufläche: Grundstück und Gebäude kosten Geld, Tanks, Fässer, Pumpen, Filter, Temperatursteuerungen, usw. ebenfalls. Und auch das im Keller beschäftigte Personal möchte ein Gehalt.

Kosten in Abhängigkeit vom „Wie“: Qualität

Und die Qualität? Tun nicht alle Winzer im Keller dasselbe?
In jedem Weinkeller entsteht – klar – Wein. Auf welche Art und Weise dieser entsteht und wie viel Aufwand der Winzer dabei betreibt, macht aber einen großen Unterschied.
Sowohl im Weingarten als auch im Keller kann der Winzer an sehr vielen Stellschrauben drehen, um die Weinqualität zu erhöhen.

Ein Beispiel für die Arbeiten im Weinberg wäre die Ertragsreduzierung. Lässt der Winzer mehr Trauben am Stock hängen, kann er mehr Wein erzeugen. Da sich mehr Trauben alle Nährstoffe teilen müssen, sind aber die Aromen im späteren Wein weniger intensiv. Für einen günstiger Basiswein reicht das aber allemal.
Schneidet der Winzer während der Wachstumsphase Trauben heraus (so genannte „grüne Lese“) können die am Stock verbliebenen Trauben intensivere Aromen ausbilden. Aber der Ertrag und damit die Menge an erzeugtem Wein ist eben auch niedriger.
Der Aufwand für die bewirtschaftete Fläche ist mindestens gleich hoch (eventuell höher, da die grüne Lese einen zusätzlichen Arbeitsgang darstellt), ergo: weniger Trauben für weniger Wein mit höherer Qualität verursachen dieselben oder höhere Kosten.
Der Flaschenpreis steigt demnach, denn die höheren Aufwände für die Erzeugung werden auf weniger Weinmenge umgelegt.

Ein Beispiel für die Arbeit im Keller: ein Wein, der im kleinen Holzfass („Barrique“) ausgebaut wird, verursacht ebenfalls höhere Kosten für den Winzer. So ein Fass kostet neu schnell mal 800 Euro und mit einem ist es normalerweise nicht getan. Die Fässer werden zwar meist ein paar Jahre verwendet und oft auch weiterverkauft, aber die Neuanschaffung fällt eben auch alle paar Jahre wieder an. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten muss der Winzer auch den Platz zur Verfügung haben, um die Fässer zu lagern – oft verbleibt der Wein darin mindestens 1 Jahr, manchmal auch sehr viel länger (5 Jahre zum Beispiel bei Rioja Reserva). Von der Kapitalbindung mal ganz zu schweigen.
Ähnliches gilt für Weine, die im Edelstahltank ausgebaut werden. Günstige, schnell trinkbare Weine werden schnell nach der Gärung abgefüllt und vermarktet. Hochwertigere Weine verbleiben oft noch einige Monate im Tank und ruhen auf der Feinhefe, die dem Wein eine gute Struktur und damit gute Langlebigkeit verleiht.

Kellereiausstattung ist teuer - auch diese Kosten müssen in den Flaschenpreis einkalkuliert werden.

Kleinwagen oder Luxuslimousine?

Bei vielen Arbeitsschritten in Weinberg und Keller hat der Winzer die Wahl, ob er mehr oder weniger aufwändig arbeitet. Jede einzelne Entscheidung hat Einfluss auf die Weinqualität und die Gestehungskosten und damit den späteren Verkaufspreis des Weins. (Diese Entscheidungen erfolgen normalerweise dennoch nicht adhoc: der Winzer hat bereits vor dem Rebschnitt im Winter ganz genau im Kopf, wie sein zukünftiger Wein werden soll).
So ist es mit Wein ein bisschen wie mit einem Auto: gute Qualität hat ihren Preis: Das Flaggschiff einer Premium-Marke mit Vollausstattung und allem Komfort bietet wesentlich mehr und ist damit auch teurer als der Kleinwagen mit Basisausstattung.

Eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die die Kosten für eine Flasche Wein beeinflussen, findest du in der überaus interessanten Rechnung (2019) von Dr. Jürgen Oberhofer vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Weinbau. Hättest du gewusst / gedacht, dass in einer Flasche Wein so viele einzelnen Positionen stecken?

Nur Äußerlichkeiten?

Im Vergleich zu Basisweinen kommen bei hochwertigen Weinen auch noch höhere Aufwände für die Ausstattung und das Marketing hinzu.

Sonntagsanzug oder Blaumann – die Ausstattung

Nehmen wir mal die Ausstattung (darunter versteht man das „Outfit“ des Weins, also Flasche, Etikett und Verschluss).
Wenn du ein hochwertiges (also teures) Produkt erwirbst, erwartest du wahrscheinlich auch eine entsprechende Verpackung.
Premium-Weine werden oft in sehr dicke, schwere Glasflaschen gefüllt (ob man das gut findet, oder ob das noch zeitgemäß ist, lasse ich hier mal offen). Basisqualitäten („Alltagsweine“) findet man dagegen eher in dünnwandigeren und günstigeren Flaschen.
Beim Flaschenverschluss gibt es ebenfalls Unterschiede – vom Schraubverschluss über den Glasstopfen bis hin zum Korken, in jeweils unterschiedlichen Ausführungen und Qualitätsstufen.
Faustregel: je hochwertiger und je lagerfähiger der Wein ist, desto teurer wird in der Regel auch die Ausstattung sein.

Besondere Weine erzählen besondere Geschichten

Was Marketing und Vertrieb angeht: ein Premiumprodukt bedarf einer anderen Bewerbung als ein Basisprodukt.
Zu einem No-Name-Wein aus dem Supermarkt für, sagen wir mal € 4,99 wirst du dich wahrscheinlich mit den Mindestinformationen auf dem Etikett zufrieden geben (müssen).
Bist du aber gewillt € 25,– für die Flasche beim Fachhändler ausgeben, sieht die Sache schon anders aus. Hier darfst du – zu Recht – mehr erwarten. Woher kommt der Wein? Wer macht ihn? Was ist das Besondere daran? Wie schmeckt er und warum? Wenn dann einerseits die Fakten für dich plausibel sind und – überaus wichtig – die Geschichte des Weins dich emotional berührt, dann kommst du vielleicht zu dem Schluss, dass der Wein seinen Preis wert ist.

Je hochwertiger der Wein ist, desto wichtiger wird also das „Storytelling“. Und das kostet letztlich auch Geld, ob der Winzer selbst die Geschichte aufschreibt oder ob er eine Agentur damit beauftragt.

Für Jäger, Sammler, Investoren

Sehr teure Weine („Fine Wine“ oder Kultweine) avancieren oft zu Sammlerweinen oder gar Investitionsobjekten.
Bei der Herstellung dieser Weltklasse-Weine wird an allen erdenklichen Stellschrauben in Weinberg und Keller bis ins kleinste Detail gedreht und die Weinqualität ist entsprechend hoch. Nichtsdestotrotz: auch wenn der größtmögliche Aufwand bei der Herstellung betrieben wird, korreliert der Flaschenpreis, zu dem solche Weine gehandelt werden, nicht mehr mit den Gestehungskosten.
Die Geschichte und Tradition der Weingüter und ihrer Weine reicht oft entweder sehr lange zurück und/ oder die Weine werden über Jahre und Jahrzehnte von Kritikern kontinuierlich hoch bewertet.
Dazu kommt, dass diese Weine nur in begrenzten Mengen verfügbar sind. Und wie das mit raren, wertvollen Dingen so ist: es gibt oft mehr Menschen, die sie besitzen möchten, als verfügbare Produkte. Die mit einem solchen Kultstatus ausgestatteten Weine werden zu derart exorbitanten Preisen gehandelt, dass sie für Otto Normalverbraucher in der Regel unerschwinglich bleiben.
Dennoch brauchen auch solche Weine ein Marketing. Das richtige Storytelling, die Veröffentlichung von Kritiker-Bewertungen, Berichte über Versteigerungen von Kultweinen – das alles zieht weiterhin die kaufkräftige Klientel an.
Schade nur, dass womöglich viele der edlen Gewächse in Kellern verschwinden und vielleicht nie geöffnet werden (oder aber erst viel zu spät, wenn ihr Zenit überschritten ist).

Rare und teure Weine werden oft zu Sammel- oder Invesitionsobjekten. Zu schade, wenn darüber aufs Genießen vergessen wird.

Was ist dir eine Flasche Wein wert?

Nun hast du einen Einblick erhalten, warum eine Flasche Wein so viel kostet, wie sie kostet.
Die Entscheidung, wie viel Geld dir eine Flasche Wein wert ist, kann dir natürlich niemand abnehmen. Nur, weil eine Flasche teurer ist als eine andere, heißt das noch lange nicht, dass dir der Inhalt auch tatsächlich besser schmeckt. Was dir persönlich beim Wein gefällt und was nicht, weißt nur du bzw. kannst du mit regelmäßigem Probieren herausfinden.

Qualitätsunterschiede erschmecken

Unterschiede in der Qualität von Weinen kannst du hingegen recht einfach herausfinden. Mach‘ doch mal folgendes Experiment zuhause:

  • Kaufe drei Flaschen Wein einer Sorte (zum Beispiel Riesling):
    – eine aus dem Discounter für unter 5 Euro,
    – eine aus dem Weinregal eines Supermarkts für ca. 10-12 Euro und
    – eine vom Fachhändler für ca. 20 Euro.
  • Wenn möglich, verkoste diese Weine verdeckt.
    Erkennst du Unterschiede in der Aromenausprägung und im Geschmack?
  • Verschließe alle drei Flaschen und mache das Experiment am nächsten Tag (oder nach 2 bis 3 Tagen) noch mal:
    Welcher der drei Weine hat sich besser gehalten?

Du willst dich weiter in die Materie vertiefen? Dann buch‘ einfach einen Workshop.
In einem kurzweiligen 2-stündigen Workshop vermittle ich dir die Grundlagen der Weinsensorik. Du erfährst, was einen guten Wein ausmacht und du lernst, diese Eigenschaften in verschiedenen Weinen zu erkennen und zu vergleichen.

Und (W)Einkaufen macht gleich noch mehr Spaß, wenn du weißt, was du von einem zu einem bestimmten Preis angebotenen Wein erwarten kannst und was nicht.

Cheers!

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