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Aufgespritete Weine: Vin Doux Naturel

Aufgespritete Weine: Vin Doux Naturel

Geschrieben von Miriam Schröer am .
Zuletzt aktualisiert am 25. Oktober 2024.

In der spannenden Kategorie der aufgespriteten oder fortifizierten Weine haben auch die Vins Doux Naturels (VDN) einen festen Platz.

Wie der Name vermuten lässt, stammen diese Weine allesamt aus Frankreich, genauer gesagt aus den südlichen Weinregionen der Grande Nation. Berühmt sind VDNs für ihre reiche Aromatik und lange Haltbarkeit.

In diesem Artikel erfährst du, was Vin Doux Naturel ausmacht, welche Regionen diese Weine produzieren, und wie Herstellung funktioniert. Du findest Informationen zu den verschiedenen Stilen und Tipps zum idealen Foodpairing.

Vin Doux Naturel – was ist das überhaupt?

Wörtlich übersetzt bedeutet Vin Doux Naturel „natürlich süßer Wein“. Die Bezeichnung ist insofern korrekt, da dem Most bzw. Wein keine Süße von außen zugesetzt wird. Was allerdings dem Begriff „natürlich“ widerspricht: für den Erhalt der Süße stoppt man die Gärung des Weins mit hochprozentigem Alkohol. Würde man den den Wein auf natürlichem Weg durchgären lassen, wäre der Restzuckergehalt des fertigen Weins erheblich niedriger.

Diese Art der aufgespriteten Weine kommt aus dem Süden Frankreichs. Typisch für diese Weine sind der hohe Restzuckergehalt und die intensive Aromatik, die durch den speziellen Herstellungsprozess entstehen.

Oxidativ ausgebaute Vin Doux Naturel sind nussig und vielschichtig in ihrer Aromatik.

Historie

Ursprung

Der Ursprung dieses Weinstils liegt im südfranzösischen Weinbaugebiet Roussillon am Fuß der Pyrenäen. Alles fing damit an, dass der Arzt und Gelehrte Arnaldus de Villanova (1240-1311) um das Jahr 1285 herum feststellte, dass durch die Zugabe von Alkohol die Gärung gestoppt wird und Restzucker im Wein erhalten bleibt. Mit der Erfindung des Aufspritens (französisch: Mutage) schlug die Geburtsstunde des bereits im Mittelalter beliebten Vin Doux Naturel.
Später standen die Weine auf den Tafeln berühmter Persönlichkeiten – so zum Beispiel beim französischen „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. (1638-1715) und beim Philosophen Voltaire (1694-1778). Auch der amerikanische Präsident Thomas Jefferson (1743-1826) schwärmte von den süßen Preziosen.

Warum wird fortifiziert?

Die Aufspritung von Weinen entwickelte sich aus der Notwendigkeit, die Haltbarkeit und Stabilität der Weine während des Transports und der Lagerung zu verbessern. Insbesondere in den heißen Klimazonen Südfrankreichs erwies sich die Mutage1 als eine effektive Methode, um die Weine vor einer unerwünschten Nachgärung zu schützen und gleichzeitig ihre natürliche Süße zu bewahren.

Herstellung

Die süßen Weine werden überwiegend aus Muscat- oder Grenache-Trauben hergestellt, die in den warmen Regionen Südfrankreichs gedeihen. Stilistisch unterscheidet man reduktive Stile mit frischen und fruchtigen Aromen und oxidative Stile mit reifen, nussigen und komplexen Aromen.

Da alle VDNs in reglementierten Appellationen (AOCs) hergestellt werden, unterliegt ihre Herstellung bestimmten Vorschriften. So müssen die Trauben für Vin Doux Naturel ein bestimmtes Mostgewicht aufweisen. Die Trauben dürfen erst dann geernet werden, wenn ein potenzieller Alkoholgehalt von 14,5 Volumenprozent für den fertigen Wein erreicht wurde.

Pro Hektar Rebfläche sind maximale Erträge festgelegt und auch der Restzuckergehalt des fertigen Weins darf ein bestimmtes Niveau nicht unterschreiten. Letzterer liegt im fertigen Wein je nach Stil und Appellation zwischen 45 Gramm pro Liter und mehr als 120 Gramm pro Liter. Die meisten VDNs finden sich im Süßespektrum zwischen 80 und 110 Gramm Restzucker pro Liter.

Der Zeitpunkt, zu dem der neutrale Traubenbrand zum gärenden Most hinzugefügt wird, bestimmt den Weinstil und den Süßegrad des fertigen Weins.
Wird der Traubenbrand einem Most ohne Feststoffe hinzugefügt, spricht man von Mutage.
Wird der Traubenbrand einem Most hinzugefügt, der mit Feststoffen gärt, spricht man von Mutage sur Marc (marc = Tresterhut) oder auch Mutage sur grains (grain = Beere).

Vin Doux Naturel gibt es in den Weinfarben weiß, rosé und rot.

Das Aufspriten

Weißer VDN

Weißer VDN kann auf drei verschiedene Arten hergestellt werden:

  • Die Trauben werden gepresst, der Most fängt an zu gären und neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt (Mutage).
  • Die Trauben werden entrappt, gequetscht und nach kurzer Maischestandzeit gepresst, der Most fängt an zu gären und neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt (Mutage).
  • Die Trauben werden entrappt und gequetscht, der Most fängt an zu gären und neutraler Traubenbrand wird während der Maischestandzeit hinzugefügt; erst dann wird gepresst (Mutage sur Marc).

Rosé-VDN

Rosé-VDN kann auf zwei verschiedene Arten hergestellt werden:

  • Die Trauben werden gepresst, der rosa gefärbte Most fängt an zu gären und neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt (Mutage).
  • Die Trauben werden entrappt, gequetscht und eingemaischt. Nach der Maischestandzeit wird abgepresst oder ein Saftabzug gemacht, der rosa gefärbte Most fängt an zu gären und neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt (Mutage).

Roter VDN

Roter VDN kann auf zwei verschiedene Arten hergestellt werden:

  • Die Trauben werden entrappt und gequetscht. Nach einer Zeit der Einmaischung und Gärung wird gepresst und neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt (Mutage).
  • Die Trauben werden entrappt und gequetscht. Nach einer Zeit der Einmaischung und Gärung wird neutraler Traubenbrand wird hinzugefügt. Danach kann gepresst werden oder eine weitere Maischestandzeit erfolgen (Mutage sur Marc).

Normalerweise wird der neutrale Traubenbrand bei weißem und Rosé-VDN zum gärenden Most hinzugefügt. Das Aufspriten auf der Maische ist bei weißem VDN eher selten, mit Ausnahme einiger sehr kräftiger Stile aus der Appellation Muscat de Rivesaltes AOC.

Die Mutage sur marc führt zu aroma-intensiveren und tanninreicheren Rotweinen, denn der Alkohol unterstützt das Herauslösen dieser Komponenten. Auf diese Art hergestellte VDN sind enorm konzentriert und langlebig.

Ausbauarten: Reduktiv oder Oxidativ?

Die alkoholische Gärung und der Prozess der Mutage ist bei allen VDN-Stilen gleich. Entscheidend für den Charakter eines Vin Doux Naturel ist die Methode der Reifung.
HIer gibt es zwei verschiedene Arten: reduktiv und oxidativ.

Reduktiver Ausbau

Vor dem Filtern und Füllen wird der Wein oft für einige Monate in inerten Gebinden wie Edelstahltanks, Betontanks oder spundvollen Eichenfäassern gelagert. Weine, die auf diese Art und Weise gereift werden nennt man „reduktiv“, weil sie vor dem Abfüllen nicht mit Sauerstoff in Kontakt kommen.
Typisch für diese Weine sind ihre frischen und fruchtigen Aromen.

Frisch und blumig: reduktiv ausgebaute Vin Doux Naturel

Oxidativer Ausbau

Oxidative Stile reifen in nicht ganz voll gefüllten Fässern und/oder ohne Temperaturkontrolle. Dies führt zu einer absichtlichen Oxidation. Hierfür werden die Weine oft mehrere Jahre lang innerhalb oder außerhalb des Weinkellers in Betontanks oder in (alten oder neuen) Holzfässern gelagert. Pro Jahr gehen in dieser Zeit etwa 7 % des Weins durch Verdunstung verloren. Weine, die über einen sehr langen Zeitraum so reifen, können dadurch bis zu 50 % ihres Originalvolumens verlieren!

Weißweine, die oxidativ ausgebaut werden, weisen Aromen nach Nüssen und Trockenfrüchten auf.
Rotweine, die auf diese Art reifen, zeigen Aromen von Trockenfrüchten, Kaffee und Schokolade.

Rancio-Stil

Eine Besonderheit sind VDN (weiß und rot), die unter freiem Himmel in Glasballons reifen. Temperaturschwankungen und Sonneneinstrahlung beschleunigen die Oxidation und verleihen den Weinen einen maderisierten Charakter mit Aromen von Walnüssen, Orangenschale und Karamell.

Herkunft, Appellationen und Stile

Vin Doux Naturel in seinen verschiedenen Spielarten wird in den südfranzösischen Weinregionen Rhône, Languedoc und Roussillon produziert.
Dabei kommen aus der südlichen Rhône und aus dem Languedoc überwiegend reduktive Stile, während das Roussillon insbesondere für seine oxidativen VDNs berühmt ist.

VDN-Appellationen an der Rhône

In der Weinregion Südliche Rhône wird Vin Doux Naturel in zwei Appellationen hergestellt.

  • Muscat de Beaumes-de-Venise AOC
    Die Appellation ist nach dem Örtchen Beaumes-de-Venise benannt. Hier werden VDNs in weiß, rosé und rot hergestellt. Die zugelassenen Rebsorten sind Muscat Blanc à Petits Grains und Muscat Rouge à Petit Grains. Der Restzuckergehalt der Weine beträgt mindestens 100 Gramm pro Liter. VDNs aus Beaumes-de-Venise sind immer reduktiv ausgebaut und betören mit intensiv floralem und fruchtigem Aroma und ihrem frischen Charakter.
  • Rasteau AOC
    Die Appellation Rasteau befindet sich nur ein paar Kilometer entfernt von Beaumes-de-Venise und auch hier gibt es VDNs in weiß, rosé und rot. Dennoch unterscheiden sich die beiden Appellationen und ihre Weine erheblich, denn die Rebsorte Muscat spielt hier keine Rolle. Neben dem reduktiven Stil gibt es in Rasteau zudem auch oxidativ ausgebaute VDNs. Die Mindestsüße der Weine muss 45 Gramm Restzucker pro Liter betragen.
Weinfarbe / StilRebsortenReifung
Weiß reduktivmindestens 90 % Grenache Blanc und/oder Grenache Grismindestens 3 Monate Flaschenreife, Vermarktung ab 01. Mai im Jahr nach der Ernte
Weiß oxidativ (Ambré)mindestens 90 % Grenache Blanc, Grenache Rose und/oder Grenache NoirVermarktung ab 01. März im dritten Jahr nach der Ernte
Rot reduktiv (Grenat)mindestens 75 % Grenache Noir, alle drei Grenache-Sorten müssen mindestens 90 % der Cuvée ausmachenmindestens 3 Monate Flaschenreife, Vermarktung ab 01. Mai im Jahr nach der Ernte
Rot oxidativ (Tuilé)mindestens 75 % Grenache Noir, alle drei Grenache-Sorten müssen mindestens 90 % der Cuvée ausmachenVermarktung ab 01. März im dritten Jahr nach der Ernte
Roséalle drei Grenache-Sorten müssen mindestens 90 % der Cuvée ausmachenkeine Vorschriften zur Reifung
VDN-Stile in Rasteau AOC

VDN-Appellationen im Languedoc

In der Weinregion Languedoc gibt es vier Appellationen, in denen die fortifizierten Weine hergestellt werden. Aus allen vier Appellationen kommen ausschließlich reduktive VDNs aus der Rebsorte Muscat Blanc à Petits Grains.

  • Muscat de Frontignan AOC
    Die Appellation ist die älteste und größte der vier VDN-Appellationen des Langedoc und liegt direkt am Mittelmeer. Die Mindestsüße der Weine muss 110 Gramm Restzucker pro Liter betragen.
  • Muscat de Mireval AOC
    Diese Appellation liegt direkt neben Muscat de Frontigan an der Mittelmeerküste. Die Mindestsüße der Weine hier muss ebenfalls 110 Gramm Restzucker pro Liter betragen.
  • Muscat de Lunel AOC
    Die Appellation liegt im Osten des Languedoc und ist sehr warm. Die Lese hier erfolgt etwas früher als in den anderen VDN-Appellationen und die Weine sind vergleichsweise körperreich. Die Mindestsüße der Weine hier muss ebenfalls 110 Gramm Restzucker pro Liter betragen.
  • Muscat de Jean-Marie-de-Minervois AOC
    Die Appellation liegt auf einer Seehöhe zwischen 250 und 300 Meter ganz im Nordosten des Minervois, wo schon Einflüsse eines kontinentalen Klimas spürbar werden. Die Weine sind sehr duftig und floral mit einer höheren Säure als die VDNs aus Küstennähe. Die Mindestsüße der Weine hier muss 125 Gramm Restzucker pro Liter betragen.

VDN-Appellationen im Roussillon

In der Weinregion Roussillon werden in insgesamt fünf verschiedenen Appellationen VDNs in den Stilen reduktiv, oxidativ und sehr oxidativ hergestellt. Bis auf eine Appellation bedient man sich dafür der Rebsorten aus der Grenache-Familie.

In der Tabelle findest du einen Überblick über die Appellationen und ihre jeweiligen Stile. Als „Hors d’Age“ darf ein oxidativ ausgebauter Wein bezeichnet werden, der mehr alls fünf Jahre gereift wurde.

AppellationStil (Bezeichnung)Rebsorten
Muscat de Rivesaltes AOCWeiß, reduktivMuscat Blanc à Petis Grains, Muscat d’Alexandrie
Rivesaltes AOCWeiß, oxidativ (Ambré oder Hors d’Age)Grenache Blanc, Grenache Gris, Grenache Noir, Macabeu, Tourbat
Rivesaltes AOCRosé, reduktivGrenache Blanc, Grenache Gris, Grenache Noir, Macabeu, Tourbat
Rivesaltes AOCRot, reduktiv (Grenat)Grenache Noir
Rivesaltes AOCRot, oxidativ (Tuilé oder Hors d’Age)
Grenache Noir
Maury AOCWeiß, reduktivGrenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Maury AOCWeiß, oxidativ (Ambré oder Hors d’Age)Grenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Maury AOCWeiß, sehr oxidativ (Ambré Rancio)Grenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Maury AOCRot, reduktiv (Grenat)Grenache Noir, Grenache Blanc, Grenache Gris
Maury AOCRot, oxidativ (Tuilé oder Hors d’Age)Grenache Noir, Grenache Blanc, Grenache Gris
Maury AOCRot, sehr oxidativ (Tuilé Rancio)Grenache Noir, Grenache Blanc, Grenache Gris
Banyuls AOCWeiß, reduktivGrenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Banyuls AOCWeiß, oxidativ (Ambré oder Hors d’Age)
Grenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Banuyls AOCWeiß, sehr oxidativ (Ambré Rancio)Grenache Blanc, Grenache Gris, Macabeu, Tourbat
Banuyls AOCRosé, reduktivGrenache Blanc, Grenache Gris, Grenache Noir, Macanbeu, Tourbat
Banyuls AOCRot, reduktiv (Rimage)Grenache Noir
Banyuls AOCRot, oxidativ (Traditionnel oder Hors’d’Age)Grenache Noir, Grenache Gris
Banyuls AOCRot, sehr oxidativ (Traditionnel Rancio)Grenache Noir, Grenache Gris
Banyuls Grand Cru AOCRot, oxidativ (Tuilé oder Hors d’Age)mindestens 75 % Grenache Noir
Vin Doux Naturel in den Appellationen des Roussillon: Stile und Rebsorten

Wie schmeckt Vin Doux Naturel?

Aufgrund seiner besonderen Herstellungsmethode ist ein VDN immer süß und immer reich an Alkohol (in der Regel zwischen 15 und 18 Volumenprozent).
Was das Aromen- und Geschmacksprofil angeht, ist es aber ein großer Unterschied, ob der Wein reduktiv oder oxidativ hergestellt wurde.

Reduktive VDNs: Aromen und Geschmack

Reduktiv ausgebaute Vins Doux Naturels wie Muscat de Beaumes-de-Venise zeichnen sich durch ihre überaus frische, fruchtige und blumige Aromatik aus. Die typischen Aromen der Rebsorte sind in der Regel klar erkennbar.

  • Aromen
    Typisch sind Zitrusaromen wie Orange und Mandarine, außerdem exotische Früchte wie Litschi und Ananas und sowie florale Anklänge nach Rosenblättern und Orangenblüten.
  • Geschmack
    Am Gaumen sind diese Weine süß, dabei aber äußerst lebendig und sehr frisch. Sie bestechen durch die klare Fruchtbetonung und eine frische Säure, die die Süße perfekt ausgleicht.

Oxidative VDNs: Aromen und Geschmack

Oxidativ ausgebaute Vins Doux Naturels, wie Rivesaltes Ambré oder Banyuls Traditionnel, entwickeln ihre Aromen durch Sauerstoffkontakt während der Reifung. Dies führt zu einer komplexeren Aromatik im Vergleich zu reduktiven Stilen.

  • Aromen
    Oxidativ ausgebaute VDNs zeigen Noten von getrockneten Früchten wie Feigen, Datteln und Rosinen. Typisch sind nussige Aromen nach Mandeln und Walnüssen. Hinzu kommen karamellige und würzige Noten, die an Toffee, Honig, Zimt und Vanille erinnern.
  • Geschmack
    Am Gaumen sind diese Weine vollmundig-süß und komplex. Die Süße hebt die tiefen, reichhaltigen Aromen noch mehr hervor. Bei roten Varianten kommt manchmal auch eine sanfte Tanninstruktur zum Tragen.

Sehr oxidative VDNs: Aromen und Geschmack

Sehr oxidativ ausgebaute Vins Doux Naturels, wie einige alte Rivesaltes und Banyuls, werden in der Regel über viele Jahre gereift. Aufgrund des nochmals längeren Sauerstoffkontakts entwickeln diese Weine noch intensivere und komplexere Aromenprofile. Der Begriff „Rancio“ für diese Stile kommt aus dem Spanischen und bedeutet wörtlich übersetzt „ranzig“. Lass‘ dich aber davon auf keinen Fall abschrecken – kaputt ist hier gar nichts. Im Gegenteil: Diese Weine zeigen tiefe, intensive Geschmacksnoten nach Trockenfrüchten, Karamell, Tabak und mehr.

  • Aromen
    Dominierend sind Aromen sehr reifer und getrockneter Früchte, auch kandierter Früchte. Intensiv nussige Noten nach Walnüssen und Haselnüssen. Anklänge von Karamell, Toffee, Melasse und sogar Tabak und Leder sind ebenfalls möglich.
  • Geschmack
    Diese Weine sind äußerst komplex und vielschichtig. Durch die oxidative Reifung wirkt die intensive Süße tief und harmonisch. Die Struktur ist sehr dicht, mit einer samtigen Textur und lang anhaltendem Abgang.
Tabak und Leder sind charakteristisch für sehr oxidativ ausgebaute und sehr lange gereiften Vin Doux Naturel.

Insgesamt bieten die Vins Doux Naturels eine faszinierende Vielfalt an Geschmackserlebnissen, die von der Frische und Lebendigkeit der reduktiven Stile bis zur Tiefe und Komplexität der oxidativen und sehr oxidativen Stile reichen.

Foodpairing mit Vin Doux Naturel

Dass VDNs aufgrund ihrer süßen Natur meist nur als Dessertwein oder Digestif gehandelt werden, ist wirklich zu einseitig gedacht. Es sind spannende Weine, die zu überraschend vielen Anlässen und Speisen passen.

Foodpairing mit reduktiven VDNs

Vins Doux Naturels mit einem reduktiven Ausbau, wie Muscat de Beaumes-de-Venise oder Muscat de Frontignan, harmonieren perfekt mit frischem Obst in Torten und Kuchen. Die fruchtigen Aromen spiegeln und ergänzen sich und sorgen für ein erfrischendes und köstliches Dessert-Erlebnis. Hier noch ein paar weitere Anregungen für das Zusammenspiel mit reduktiv ausgebauten VDNs:

  • Aperitif:
    Wer sagt denn, dass ein Aperitif nicht süß sein kann? Mach es wie die Franzosen und genieße einen gut gekühlten Muscat vor dem Essen.
  • Foie Gras:
    Zu Recht ein Klassiker. Denn es ist einfach umwerfend, wie die Süße des Weins und die exotischen Aromen die Cremigkeit und Üppigkeit der Stopfleber umspielen.
  • Eintöpfe:
    Hättest du es gedacht? Ein roter VDN Rimage mit seinen jugendlichen Beerenaromen begleitet souverän ein kräftiges Eintopfgericht mit Fleisch.
  • Asia-Küche:
    Weiße VDNs harmonieren überraschend gut mit einem süßen und herzhaften indischen Curry wie Tikka Masala. Rosé-VDNs passen zu Schweinefleisch süß-sauer oder zur Thai-Küche.
    Oder probiere mal dieses Rezept für Venusmuscheln mit Muscat und Safran.
  • Zitrusfrüchte:
    Ein Muscat in der Kombination mit Orangen, Mandarinen und Grapefruit erfrischt als Zwischengang oder leichtes Dessert.
  • Obsttorten und Obstkuchen:
    Auch hier punkten die reduktiven weißen Sweeties. Die frischen Fruchtaromen von gelbem Steinobst wie Pfirsich und Marille finden sich im üppig süßen Wein wieder. Zu Kuchen mit roten Beeren oder leichten Speisen mit Melone harmonieren Rosé-VDNs.
  • Käse:
    Die würzigen und mitunter scharfen Aromen von Blauschimmelkäsen wie Roquefort, Gorgonzola oder Blue Stilton werden durch die einnehmende Süße eines reduktiven VDN wunderbar ausbalanciert.
  • Schokolade:
    Muscat mit seinen floralen und hellen Aromen sorgt für einen Aromenlift bei Desserts aus Edelbitterschokolade.

Foodpairing mit oxidativen VDNs

Weine mit einer oxidativen Reifung, wie Maury und Banyuls, passen hervorragend zu reichhaltigen Schokoladendesserts oder auch zu würzigem Käse wie Roquefort. Die tiefen, vielschichtigen Aromen und die leichte Nussigkeit dieser Weine ergänzen die Komplexität der Desserts und sorgen für einen ausgewogenen Genuss.

  • Gänseleber zum Zweiten:
    Auch die oxidativen roten VDNs (Tuilé, Traditionnel oder Rancio) passen genial zur Foie Gras.
  • Cajun-Küche:
    Ein Ambré nimmt es auch mit intensiven Aromen auf – zum Beispiel die röstigen und würzigen Noten von gebratener Aubergine gewürzt im Cajun-Style.
  • Asia-Küche:
    Die roten oxidativen VDNs sind erstaunlich vielseitig und begleiten auch asiatische Fleischgerichte gekonnt.
  • Zitrusfrüchte:
    Auch oxidative VDNs harmonieren bestens mit Zitrusfrüchten. Wähle hier eher „dunkle“ Zitrusfrüchte wie Orangen und spiele mit würzigen Elementen, zum Beispiel in einem pikanten Orangensalat.
  • Tropische Früchte:
    Die Schoko- und Röstnoten von gegrillter Ananas mit Zartbitterschokolade passen perfekt zu den Aromen eines oxidativen weißen VDN (Ambré).
  • Snacks:
    VDN Ambré mit seinen Aromen von getrockneten Feigen und Dörrpflaumen macht sich bestens zu Appetitanregern und kleinen Snacks wie Nuss-Frucht-Mischungen aka Studentenfutter.
  • Käse:
    VDN Ambré ist ebenfalls ein toller Begleiter zu salzig-intensivem Blauschimmelkäse wie Roquefort und Stilton. Auch mit Hartkäse bilden die oxidativen Sweeties in weiß (Ambré) und rot (Tuilé oder Traditionnel) mit ihren nussigen Aromen ein tolles Paar.
  • Desserts:
    Die Aromen der oxidativ ausgebauten VDNs passen perfekt zu süßen Desserts mit Komponenten aus Schokolade, Karamell und Kaffee, so zum Beispiel zum Klassiker Crème Caramel oder Créme Brûlée.

Das sind nur einige Anregungen für das Foopairing mit den südfranzösischen Sweeties. Und natürlich gilt wie immer: Probieren geht über studieren. Trau dich ruhig an ungewöhnlich erscheinende Kombinationen heran und finde dein ganz persönliches Lieblings-Pairing.

Crème Brûlée und oxidativ ausgebauter VDN sidn ein Hit.

Servieren von Vin Doux Naturel

Welches Glas?

Damit sich die Aromen dieser vielschichtigen Weine möglichst perfekt entfalten können, sollte das Glas nicht zu klein sein. Für den perfekten Genuss bleiben Omas zwar niedliche, aber ungeeignete Likörgläschen also im Schrank. Eine gute Wahl ist ein nicht zu voluminöses Weißweinglas.
Wenn du spezielle Dessertweingläser besitzt, kannst du auch diese verwenden.

Welche Serviertemperatur?

Die Serviertemperatur für Vins Doux Naturels ist abhängig von der Reifung und vom jeweiligen Einsatz des Weins. Nicht zuletzt spielen auch persönliche Präferenzen eine Rolle. Faustregeln:

  • Ganz allgemein: Serviertemperatur zwischen 8 und 13 °C
  • Serviere reduktiv ausgebaute Weine eher etwas kühler als oxidativ ausgebaute Weine.
  • Ein Aperitif kann etwas kühler sein als ein Wein, der zum Essen gereicht wird.
  • Süße und Alkoholgehalt treten mit zunehmender Temperatur stärker hervor.
  • Je kühler der Wein serviert wird, umso frischer wirkt er.
  • Je wärmer der Wein serviert wird, umso besser sind die vielschichtigen Aromen erkennbar.

Haltbarkeit von Vin Doux Naturel

Die Haltbarkeit von VDNs variiert je nach Stil und Lagerbedingungen. Im Allgemeinen sind die Weine aufgrund ihres hohen Zuckergehalts und der Aufspritung länger haltbar als viele andere Weine. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen den reduktiven und oxidativen Stilen.

Haltbarkeit reduktive VDNs

Reduktiv ausgebaute Vins Doux Naturels, wie Muscat de Beaumes-de-Venise oder Muscat de Lunel, bestechen durch ihre frischen und fruchtigen Aromen. Um die lebendigen Aromen und ihre Frische vollends genießen zu können, sollten diese Weine in der Regel innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach der Abfüllung konsumiert werden.
Eine geöffnete Flasche kann durchaus einige Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Der Wein wird nicht schlecht, aber der Geschmack lässt nach, je länger die Flasche geöffnet ist.

Haltbarkeit oxidative VDNs

Oxidativ ausgebaute Vins Doux Naturels, wie solche aus Rivesaltes, Maury und Banyuls, sind extrem langlebig und können problemlos mehrere Jahrzehnte reifen. Ihre Aromen entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter und werden immer komplexer.
Nach dem Öffnen sind oxidativ ausgebaute VDNs sehr stabil – du kannst sie mehrere Monate ohne signifikanten Qualitätsverlust aufbewahren.

Vins Doux Naturels – Schätze aus Südfrankreich

Ich hoffe, dieser Beitrag über die südfranzösischen aufgespriteten Weine hat dir gefallen.
Wie die meisten anderen aufgespriteten Weine ist Vin Doux Naturel aktuell nicht sehr en vogue. Gerade deshalb lohnt es sich aber, Ausschau danach zu halten. Denn aufgrund der geringen Nachfrage kannst du Weltklasse-Weine für kleines Geld kaufen.

Wenn du neugierig geworden bist und die Welt der aufgespriteten Weine erkunden möchtest, dann melde dich zu einem Workshop mit mir an.

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  1. Mutage: französisch, von „muet“ = stumm. Im übertragenen Sinn wird der stürmisch gärende Wein durch das Hinzufügen von hochprozentigem Alkohol stumm gemacht – die Gärung stoppt. ↩︎

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